Bayerischer Rundfunk

2022-06-25 08:46:49 By : Ms. Alice Cui

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Vergleichsweise teurer Kaufpreis für E-Autos: Staatliche Fördertöpfe sollen Kunden locken.

Vergleichsweise teurer Kaufpreis für E-Autos: Staatliche Fördertöpfe sollen Kunden locken.

Vergleichsweise teurer Kaufpreis für E-Autos: Staatliche Fördertöpfe sollen Kunden locken.

Elektroautos haben bislang meist höhere Kaufpreise als vergleichbare Benziner oder Dieselfahrzeuge. Doch woher kommen die Preisunterschiede ? Werden sie bald verschwinden? Und sind E-Autos auch insgesamt teurer als Verbrenner? Eine Momentaufnahme.

Es sind scheinbar einfache Fragen, auf die es aber keine einfache Antwort gibt – weder für Hersteller noch für Autokäufer. Doch technischer Fortschritt und Entwicklung schreiten schnell voran. Der vermeintliche Schnäppchenpreis von gestern kann morgen bereits sehr teuer sein – und umgekehrt.

Hinzu kommt: Wer nur den Anschaffungspreis im Blick hat, kann in die Kostenfalle tappen. Denn ein durchschnittliches "Autoleben" in Deutschland dauert rund zehn Jahre. Da geht es auch um Wartungskosten, Wertstabilität bei Wiederverkauf, Steuern und Versicherungen sowie die Entwicklung der Kraftstoffpreise. Außerdem machen die aktuellen, kriegsbedingten Verwerfungen auf den Rohstoffmärkten seriöse längerfristige Kalkulationen für Industrie, Handel und Käufer de facto unmöglich.

Dem kostenbewussten Autokäufer halfen bislang realistische Vergleichsrechnungen über den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeuges. Aber auch die sind momentan höchst unsicher.

Der ADAC hat aktuelle Berechnungen durchgeführt, um die Gesamtkosten für reine Elektrofahrzeuge pro gefahrenem Kilometer zu ermitteln. Betrachtet wurden die Strom-und Spritpreise, Wertverlust und Wartungskosten, Haltedauer und Jahreslaufleistung.

Im Kaufpreis wurden E-Mobilitätszuschüsse bzw. Händlerrabatte bei herkömmlichen Fahrzeugen berücksichtigt. Schon hier ergibt sich die erste Unwägbarkeit, denn Händlerrabatte bei Verbrennern sind zur Zeit Mangelware. Grund ist das durch Lieferkettenprobleme knappere Angebot, so der aktuelle Report von Automobil-Experte Ferdinand Dudenhöffer.

Der neue Vergleich mit Benzinern und Dieselfahrzeugen zeigt nach wie vor: Je kleiner ein Auto ist, desto größer sind die Kaufpreisunterschiede zwischen Stromern und Verbrennern.

Dennoch hat sich aus Verbrauchersicht die Gesamtkostenbilanz im Vergleich zu Benzinern umgekehrt. Schon in der Vergangenheit war sie fast ausgeglichen, weil der Staat mit Kaufprämien und Steuervorteilen für E-Autos einspringt.

Doch nach ihrem jüngsten, krisenbedingt deutlichen Anstieg sind vor allem die Kraftstoffpreise zum Gamechanger geworden. E-Autos scheinen auch in der Gesamtkostenbetrachtung zum ersten Mal wirtschaftlicher als Benziner. Mit Diesel-PKW konnten sie - zumindest in der Gesamtkostenanalyse - bereits in der Vergangenheit konkurrieren.

Zwei Beispiele: Beim BMW-Benziner 118i mit 100-Kw-Motor kostet der Kilometer 60,9 Cent, das sind rund 14 Cent mehr als noch vor einem Jahr. Ein in Ausstattung und Leistung vergleichbarer Elektro-BMW i3 kommt aktuell auf nur noch 50,6 Cent, obwohl der Kaufpreis 2.500 Euro höher ist. Selbst wenn für den Verbrenner die einstmals üblichen 15 Prozent Händlerrabatt fließen würden, hilft das Benzinern in der Kostenbilanz nicht mehr.

Dazu das Beispiel VW Golf: Das Benziner-Modell 1.5 TSI LifeDSG kommt mit Rabatt auf 49,9 Cent, der elektrische Golf-Nachfolger VW ID3 kostet 47,2 Cent pro Kilometer, obwohl sein Listenpreis 4.500 Euro teurer ist.

Bis zu 9.000 Euro Zuschuss für reine E-Autos zahlt momentan der Staat - und Fördergelder sollen bis 2025 fließen. Dass solche Kaufanreize wirken, zeigen die steigen Absatzzahlen. Laut Kraftfahrtbundesamt verdoppelte sich der Bestand an reinen E-Autos in 2021 auf über 600.000. Doch was E-Autokäufer als Prämien erhalten, zahlt die Gemeinschaft der Steuerzahler. Daher muss der volkswirtschaftliche Sinn solcher Subventionen stets sein, dass sie sich selbst wieder abschaffen. Momentan ist das Gegenteil zu beobachten. Es kommen weitere Privilegien für E-Auto-Halter hinzu, etwa die Erlaubnis zum Emissionszertifikatehandel für Private durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Treibhausgas-Minderungsquote.

Aber wie sieht die Rechnung ohne staatliche Förderung bei Stromern und ohne Händlerrabatte bei Verbrennern aus?

Auch hier hat der ADAC mit aktuellen Preisen (Stand: 27.04.2022) die Gesamtkosten pro Kilometer ermittelt. Demnach kostet der Benziner-BMW 118 i 61 Cent, der vergleichbare BMWi3 hingegen 60 Cent. Gleichstand beim VW Golf 1,5 TSI und dem VW ID.3 mit rund 57 Cent Gesamtkosten pro Kilometer.

Noch vor einem Jahr lagen Verbrenner bei diesem Vergleich klar vorn. Dieses Verhältnis hat sich nun durch die hohen Kraftstoffpreise ausgeglichen.

Aufschlussreich ist auch der Blick nach Norwegen. Dort fährt bereits mehr als die Hälfte der Autos rein elektrisch oder hybrid. Denn der Strom aus Wasserkraft ist vergleichsweise billig und E-Autos sind fast vollständig steuerbefreit. Das Beispiel zeigt: Wer den Massenmarkt mit Kleinst-und Kleinwagen bedienen will, kommt an günstigen Energiekosten und Subventionen für E-Mobilität bislang nicht vorbei.

Der Staat greift auf europäischer und nationaler Ebene massiv in den deutschen Automarkt ein: Stetig sinkende CO2-Grenzwerte und Milliardenstrafen bei Nichteinhaltung einerseits, Milliarden-Investitionshilfen für E-Mobilitätsentwicklung andererseits. Die Autohersteller sind bei all dem gezwungen, sich gegen die internationale Konkurrenz zu behaupten. Das heißt, sie müssen weiterhin profitabel sein. Eine komplexe Aufgabe.

Die Unternehmensberatung Deloitte hat in einer Studie über 25 Stellhebel identifiziert, die die Hersteller in ihrer Kostenrechnung unter einen Hut bringen müssen. Preisentscheidend wird dabei vor allem die Batterietechnik sein. Denn Batterien machen bis zu 40 Prozent des Gesamtpreises eines E-Autos aus. Dabei ist die Preisentwicklung der nötigen Rohstoffe wie Kobalt oder Nickel eine große Unbekannte. Das zeigt sich in diesen Tagen besonders deutlich.

Sanktionen gegen Russland bedeuten eben auch Verknappung von notwendigen Batterie-Metallen. Beispiel Nickel, dessen Preis allein im März 2022 um über 100 Prozent anstieg. Ein durchschnittliches E-Fahrzeug braucht 40 Kilogramm davon, ein Verbrenner hingegen null Kilogramm.

Auch wenn Recyclingkonzepte in Arbeit sind, müssen die E-Autobauer neu kalkulieren und suchen Ersatzlösungen wie zum Beispiel Lithium-Eisenphosphat-Zellen. Doch auch das bedeutet Milliardeninvestitionen, die die Verbraucher als Kunden beim Kaufpreis oder als Steuerzahler für Forschungssubventionen bezahlen.

Am ehesten schaffen es große Stromer, beim Anschaffungspreis nicht teurer zu sein. Bei großvolumigen und schweren SUVs jenseits der 50.000 Euro wird der Preisabstand zwischen Benzin, Diesel oder Elektro immer kleiner, die Gewinnmarge für die Hersteller immer größer.

So erklärt sich, dass beispielsweise Audi-Chef Markus Duesmann laut "Wirtschaftswoche" ab 2024 Tesla Konkurrenz im Premiumsegment machen will: Mit dem TT-Sportwagen-Nachfolger "e-tron GT" – während gleichzeitig der Kleinwagen A1 künftig aus der Modellpalette gestrichen wird.

Inwieweit schwere, margenstarke E-Autos noch eine bessere ökologische Gesamtbilanz haben als vergleichbare Verbrenner, steht auf einem anderen Blatt. Von "völligem Unsinn aus Nachhaltigkeitsperspektive" sprechen Fachleute wie Marcel Weil vom Karlsruher Institut für Technikfolgenabschätzung und plädieren daher für möglichst kleine Autos.

Doch fest steht: Die politischen Entscheider in Deutschland, aber auch die gesamte Europäische Union, haben die Weichen gestellt für die Transformation hin zu alternativen Antriebsarten. Sie tun dies unter der Annahme, dass weniger Kohlendioxid aus dem Auspuff dabei hilft, der fortschreitenden Erderwärmung entgegenzutreten. Egal, wie man dazu steht: Der Wandel beim Automobil wird damit zwangsläufig. Aber auch wenn E-Autos aus vielerlei Gründen im Kaufpreis nicht sinken sollten, hat die Politik noch einen "Trumpf".

Können E-Autos nicht billiger werden, dann sollen bei leistungsgleichen Konkurrenten mit Verbrennungsmotoren die Kosten steigen. Auch diese Strategie belegen die aktuellen Vergleichsdaten des ADAC zwischen Diesel- und Elektrofahrzeugen. Sowohl BMW 118d wie Golf 2.0 TDI schneiden deutlich schlechter ab als ihre Elektro-Geschwister. Steigende Steuerlast führte beim Diesel zu höheren Betriebs-und Fixkosten und damit zu höherem Wertverlust. Sinkende Konkurrenzfähigkeit zu E-Fahrzeugen ist das politisch gewollte Ergebnis.

Aber auch Benziner könnten durch politische Vorgaben künftig unattraktiver werden. Die EU erwägt gerade, die neue Euro-7-Abgasnorm einzuführen. Euro-7 fordert weitgehende Emissionsfreiheit für jedes Fahrzeug in jeder Fahrsituation. Ob Euro-7 tatsächlich ab 2025 kommt, wird momentan unter Fachleuten intensiv diskutiert. Die deutsche Autoindustrie sprach jedenfalls offen von einer "Kriegserklärung", hält weitere Verschärfungen für technisch unmöglich und verweist auf 600.000 gefährdete Industriejobs, die laut ifo-Studie in Deutschland am Verbrenner hängen.

Andererseits ist es wenig wahrscheinlich, dass Fördergelder und Privilegien für E-Autos auf Dauer erhalten bleiben. Das wäre nicht nur ordnungspolitisch falsch, sondern würde auch zum Problem für den Steuerstaat. Autokäufer sollten sich jedenfalls bei Ihren Planungen vorsichtshalber nicht auf Dauersubventionen verlassen, denn irgendwoher braucht der Staat ja weiterhin Einkünfte, z.B. für den Straßenbau.

Für Verbraucher bedeutet all das mit hoher Wahrscheinlichkeit: E-Mobilität wird noch eine Weile gefördert, das Angebot an E-Fahrzeugen wird größer, die Autoindustrie wird sich wohl oder übel anstrengen müssen, um mit Forschung und Entwicklung E-Mobilität rundum zu verbessern.

Doch bleibt die Gefahr hoch, beim Autokauf Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Denn selbst wenn Verbrenner und reine E-Mobile in ein- und demselben Segment künftig etwa gleiche Preise haben sollten: Ein genauer Blick auf Bauweise, Ausstattung und Folgekosten der konkret betrachteten Fahrzeuge wird noch wichtiger. Das gilt besonders für den Massenmarkt der Kleinst- und Kleinwagen.

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Wirtschaft kompakt vom 04.05.2022 - 07:41 Uhr

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